Arbeitskreis für Entwicklungspolitik
und Selbstbesteuerung e. V.

Mein Weg zum AES

Ein Bericht eines unserer Mitglieder

Ich lernte den AES über meine afrikanischen Freunde in München kennen. Sie kamen aus dem Senegal und hatten soeben in München einen gemeinnützigen Verein gegründet. Sie wollten Geld sammeln, um Entwicklungsprojekte in ihrem Heimatort durchzuführen. Es war im Jahr 1995. Internet gab es keins, doch es existierte ein Heft der Stadt München mit hilfreichen Adressen. Der AES war darunter.

Das Projekt bestand darin, Toiletten für die Grundschule im Dorf zu bauen. Die Schule, gebaut 1945 von der Kolonialmacht Frankreich, hatte 400 Schüler und keine Toiletten. Das sollte sich ändern. So sandten wir dem AES unseren Projektvorschlag und einen Antrag auf 3.000 Mark Unterstützung.

Der AES lud die Freunde aus Senegal zur Mitgliederversammlung ein und bewilligte das Projekt. Glücklich über ihren Erfolg bauten die Freunde in ihrem Dorf die ersten Toiletten für die Schule. Es war der Start zu weiteren Projekten, bei denen der AES als „Geburtshelfer“ zur Seite stand. Das Dorf ist inzwischen eine kleine Stadt, in der die Projekte, die der AES zur Welt bringen half, bis heute zu bewundern sind. Als größtes und schönstes Projekt half der AES eine Berufsschule gründen, die heute zwischen 200 und 300 Schüler in Holz- und Metallbearbeitung, Elektrik, Kälte- und Klimatechnik, Schneiderei und Friseurhandwerk ausbildet. Die Hilfe zur Selbsthilfe durch den AES war wirksam!

Nach fast zehnjähriger Zusammenarbeit, in der ich den AES als Antragstellerin kennenlernte, bekam ich eines Tages das Protokoll einer Mitgliederversammlung in die Hand. Es enthielt eine Liste der Projekte, deren Förderung der AES soeben beschlossen hatte. Da war eine Alpaka-Zucht in den Bergen Perus, da war Basketball für Landminenopfer in Vietnam, da war ein Straßenkinderprojekt in Brasilien, juristische Hilfe für Indigene, die sich gegen den Bau einer Mine auf ihrem Land wehrten, da war ein Frauenprojekt in Indien und Starthilfe für einen Weltladen in Rosenheim.

Ich war beeindruckt, wie man mit geringen Mitteln durch gezielte Auswahl von Projekten für möglichst viele Menschen eine positive Entwicklung anstoßen konnte. Ich sah, dass der Erfolg, den meine afrikanischen Freunde im Sahel erlebt hatten, auch anderswo möglich - und nötig – war. Auch in Deutschland, wo es gilt, Projekte zu fördern, die für eine gerechtere Welt eintreten.

Ich beschloss, AES-Mitglied zu werden. Das Prinzip der Solidarität, das dem Gedanken des AES zugrunde liegt, hatte mir seine Wirksamkeit schon jahrelang bewiesen. Doch nun ging ich zweimal jährlich zu den Mitgliederversammlungen und entdeckte Menschen und Länder, die ich zuvor so gut wie nicht kannte. Ich entdeckte die schöpferischen Lösungen, die sich die Antragsteller für die Herausforderungen ausdachten, denen sie sich gegenübersahen. Ich lernte, dass man im Regenwald Gemüse anpflanzen kann. Ich lernte, was man braucht, um Seife herzustellen. Ich lernte, dass in Bangladesch nicht alle Kinder Bengalisch können, wenn sie eingeschult werden. Und ich lernte, wie man nachprüft, was ein gebrauchter 4x4 Geländewagen in Ghana kostet. Nicht zuletzt wuchs eine wunderschöne Freundschaft mit den anderen AES-Mitgliedern, die sich zum Teil schon seit 50 Jahren dieser Arbeit widmen und alle zwei Jahre sogar ein Wochenendseminar organisieren, wo wir uns vertieft mit einem entwicklungspolitischen Thema beschäftigen (z.B. Migration) und anschließend in wunderschöner Landschaft spazieren gehen. Das leckere vegetarische Essen nicht zu vergessen!

Mit unserer Entwicklungssteuer unterstützen wir Bildungs- und soziale Projekte, Einkommen schaffende Projekte, die vielen Menschen zugutekommen. Projekte, die die Lebensbedingungen der Menschen in den armen Ländern verbessern und Projekte, die in Deutschland zu einer globalen Sicht auf unsere deutsche Lebensweise beitragen. Meine Steuern sind wie Wasser in einem Garten. Wo sie hinfließen, entsteht etwas, das aufblüht. Es wächst Zukunft. Es wachsen soziale Gerechtigkeit und Frieden. Das macht mich glücklich. Und dankbar.